Können Sie durch einen Strohhalm atmen?
Also ausschließlich, nur durch den Strohhalm? Naja, vielleicht ginge das sogar. So ganz in Ruhe, ohne Belastung. Aber was ist bei Anstrengung? Wie fühlt es sich dann an, nur so ein bisschen Luft zu bekommen? Warum ich das frage? Weil viele von Ihnen ihrem Körper genau diesen Zustand dauernder Not zumuten, ohne es zu wissen. Dazu eine Geschichte aus der Praxis.
Da kommt eine Patientin in unsere Praxis, 30 Jahre alt und hoch motiviert, ihre Zähne zu erhalten. Erzählt von dauernden Zahnschmerzen. Die Folge sind inzwischen 2 verlorene und 7 wurzelbehandelte Zähne, einige davon inzwischen operiert oder wiederholt behandelt. Und trotzdem, weiter Schmerzen. Also Besuch beim Arzt, der sagt, es könnte die Kieferhöhle sein. Also zum HNO-Arzt. Nix zu finden. Der Neurologe findet auch nichts und keiner kann der Patientin helfen. Mit der Diagnose, das wäre psychosomatisch wird sie allein gelassen. Sie selbst versteht die Welt nicht mehr.
Nun bin ich immer skeptisch, wenn Zähne, die offenbar in einem guten Zustand sind, unerklärlich weh tun. Und dann nicht nur einer, sondern gleich mehrere. Also schicke ich die Patientin ins medizinische Labor, um auf eigene Kosten mal so essenzielle Stoffe wie Magnesium und Vitamin D messen zu lassen. Ergebnis: Magnesium am unteren Ende des Referenzbereiches, und dann der Hammer: Vitamin D unterhalb der Nachweisgrenze! Also unter 4 nmol/ml. Praktisch Null.
Nun kennen Sie wahrscheinlich die Bedeutung des Wortes essenziell. Vitamine sind essenziell. Ihr Fehlen ist mit dem Leben nicht vereinbar. Wenn also eines komplett fehlt, sind Sie tot. Wie also geht es einem Menschen, dessen Vitamin D noch nicht mal mehr messbar ist? Ich stelle mir das so vor, wie wenn ich durch einen engen Strohhalm atmen müßte. Da hätte ich bestimmt auch irgendwelche Schmerzen. Abhilfe? Strohhalm weg, also Vitamine auffüllen.
Nur warum muss ICH diesen lebensbedrohlichen Zustand eigentlich feststellen? Ich bin doch nur Zahnarzt. Und warum muss ich der Patientin dann auch noch die entsprechende Literatur empfehlen? Und warum darf die Patientin nach Aussage ihrer Ärztin dann noch nichtmal das Vitamin D vernünftig auffüllen? Da nehme ich ja selbst mehr als Erhaltungsdosis, als die Ärztin zum Auffüllen empfiehlt. Und welche essenziellen Stoffe fehlen da noch? Werden die auch mal von irgendwem gemessen?
Jedenfalls ist die Patientin jetzt auch hoch motiviert, sich um den Zustand ihres Körpers zu kümmern. Schade nur, dass es erstens immer erst wehtun muss und zweitens, dass das Erkennen eines derart gravierenden Vitaminmangels in unserem teuren Gesundheitssystem purer Zufall ist. Und auf eigene Kosten geschehen muss! Für die Kosten der notwendigen Implantate, Wurzelbehandlungen und Keramikkauflächen hätte man jedenfalls eine Menge Blutwerte messen und behandeln können. Aber die darf die Patientin ja zum großen Teil auch wieder selbst bezahlen.